Die drei Schwestern von Rigi Kaltbad

Auf Rigi-Kaltbad steht die St.-Michaels-Kapelle versteckt in deinem engen Talkessel, der von zerklüfteten Nagelfluhfelsen gebildet wird. Dieses Gotteshaus, das hinter dem hohen Steinbrocken und Tannen erst aus wenigen Metern Abstand sichtbar wird, erinnert an drei Schwestern aus Greppen, die zur Zeit der habsburgischen Vögte hier oben ein gottesgefälliges Ermitenleben führten.

Ihr Vater, Walter Greter, war in Greppen Wirt gewesen. In seinem Gasthaus stiegen vor allem Pilger ab, welche nach Greppen gereist waren, um die Wallfahrtskapelle St. Wendelin aufzusuchen. Die drei erwachsenen, hübschen Töchter halfen dem Vater tatkräftig mit. Sie führten die Pilger im Kahn über den See und besorgten Schmuck und Unterhalt der Wendelinskapelle. Im Greppener Gasthaus verkehrten neben den Pilgern auch Durchreisende, die vom Wirt stehts freundlich und zuvorkommend bedient wurden. Weniger Freude hatte er, wenn jeweils die habsburgischen Landvögte mit ihren Gefolgsleuten von den umliegenden Burgen zu ihnen kamen, um ein ausgelassenes Trinkgelage zu veranstalten. Besonderen Gefallen hatten die Habsburger an den Wirtstöchtern gefunden, die sie mit schamlosen zudringlichen Reden belästigten. Eines Abends beschlossen sie, die Mädchen auf einen ihrer Burgen zu entführen, um ihren Spass mit ihnen zu haben. Da sie ungestört einen Plan aushecken wollten, schickten sie den Wirt aus der Gaststube. Dieser ahnte zwar, dass die noblen Herren etwas im Schilde führten, wusste sich aber nicht zu helfen.

Die drei Mädchen jedoch, welche den Gästen immer wieder die Becher mit Wein füllen mussten, hörten von dem ruchlosen Plan und zogen sich erschreckt in ihr gemeinsames Schlafgemach zurück. Dort warfen sich vor dem an der Wand aufgehängten Kruzifix auf die Knie und baten Gott um seinen Beistand. Da wurden sie von einer Erleuchtung erfasst. Eine göttliche Stimme riet ihnen, das Haus zu verlassen und vor den Unholden in die Wildnis zu fliehen. Schnell rafften sie ein paar Sachen zusammen und verliessen das Gasthaus unbemerkt durch die Hintertür. Die wählten den Weg zur Rigi hinauf und erreichten bei anbrechendem Tageslicht den Stutzberg, wo sie in einem Stall Unterschlupf fanden. Einen Geissbuben, den sie dort antrafen, schickten sie nach Greppen hinunter, um dem Vater Bescheid zu geben. Nachdem der Vater voll Erleichterung vernommen hatte, dass seine Töchter in Sicherheit waren, eilte er auf den Stutzberg und riet ihnen, sich noch weiter in die Wildnis zurückzuziehen, da die habsburgischen Herren bereits nach ihnen suchten. Die Töchter beherzigten den väterlichen Rat und stiegen weiter hinauf bis zum Felsensprung, der heute unter dem Namen Rigi-Känzeli bekannt ist. In der abgeschiedenen Felsenge, wo heute die St.-Michaels-Kapelle steht, fanden sie einen idealen Unterschlupf. Dank der tatkräftigen Hilfe ihres Vaters, der ihnen Ziegen und andere für den Lebensunterhalt notwendigen Dinge bringen liess, konnten sie sich häuslich niederlassen. Sie führten ein bescheidenes und gottesfürchtiges Leben. Viele Stunden am Tag verbrachten sie betend vor dem Kruzifix, das sie von zu Hause mitgenommen hatten.

Mit der Zeit erwarben sie sich grosse Erfahrung in der Anwendung der verschiedenen auf der Rigi wachsenden Heilkräuter. Sie wurden deshalb von vielen Leuten, die von weit her kamen, um Rat gefragt. Als der Vater starb, konnten se aus dem ererbten Geld die Kapelle, welche die benachbarten Hirten ihnen errichtet hatten, so wie ihre eigene Hütte ausbauen. Noch viele Jahre lebten sie glücklich und zufrieden in ihrer selbstgewählten Einsamkeit.

Als die letzte der drei Schwestern starb, fand ein wundersames Ereignis statt. An der Stelle, wo sie gewohnt hatten, entsprang eine Quelle mit kristallklarem, eisig kaltem Wasser. Diese Quelle, Dreischwesternbrunnen und später Kaltbad genannt, wurde schon bald zu einem vielbesuchten Wallfahrtsort. Durch ein Bad in diesem kalten Wasser fanden viele Kranke und Gebrechliche wundersame Heilung.

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